YAGE – Some time of a time

Die persönliche Zusammenstellung und Veröffentlichung eines großen Teils der musikalischen Schaffensgeschichte von einer der vielleicht wichtigsten Screamo-Bands hierzulande durch Altin Village macht gleich doppelt Freude:
Zum einen, weil der größte Teil der Veröffentlichungen der 2004 aufgelösten YAGE seit langer Zeit vergriffen und seitdem nur noch in der gut sortierten Plattenkiste beim Hardcore-Konzert im JuZe um die Ecke oder über die üblichen Internet-Kanäle zu beziehen ist, was zumindest in letzterem Fall meist nur gegen einen Aufpreis möglich ist, der einen mit schmerzverzerrtem Gesicht und Loch im Portemonnaie zurücklässt. Zum anderen, weil man sicher sein kann, dass eine solche Veröffentlichung bei Altin Village in den besten Händen ist.
Und so ist es dann auch: „Some time of a time“ kommt als Doppel-12-Inch und beinhaltet neben den ersten beiden 7-Inches, der „The human head too strong for itself“-10-Inch und dem „3-17 October 1984“-Album noch einige Split und Compilation-Songs. Die inzwischen leider bereits ausverkaufte limitierte Erstpressung kam gar als 3×12-Inch und enthielt zusätzlich noch das „Anders leben?“-Album, womit die Band-Diskografie dann tatsächlich (nahezu?) komplett sein dürfte. So schön, wie längst überfällig diese Veröffentlichung! Da es sich um eine Diskografie handelt, gibt es diesmal keine Wertung. Wie wichtig diese Band ist, brauche ich wahrscheinlich eh nicht mehr zu betonen. Cut.

Erinnerungen. Musik wie Flecken von abgerissener Raufasertapete an der Wand meines Lebens. Nackt und kahl wie die Wörter eines Burroughs-Briefes an Allen Ginsberg. „Anders leben?“ – YAGE brachten mit dem Titel ihres letzten Albums auf den Punkt, für was sie für mich standen: Der unerbittliche Wille, das Leben ungeschönt zu sehen, die Brille abzunehmen, das unbedingte und kritische Reflektieren der eigenen Perspektive und der Mechanismen, die diese konstruieren.
Ich schließe die Augen. Es ist, als geistere das Echo dieser Frage durch die Gänge ungezählter Jugendzentren, in einer nicht enden wollenden Schleife, reflektierend von den vom Schmutz verschmierten Wänden hin und her geworfen. Blank präsentiert sich der offene Raum, der sich durch die Negation von Ideologie ergibt. Selten war das Fragezeichen so bohrend.