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YACHTEN – Zweite Luft

Ich erinnere mich dran, als ob es gestern gewesen wäre. Begegnung mit dem Nachbarn vor der Haustür, eine Bassgitarre um seine Schultern gehängt. "Ach, Du machst auch Musik?" "Ja, heute ist unsere erste Probe." "Und was wollt Ihr machen?" "So Punkrock, Richtung CAPTAIN PLANET und TURBOSTAAT."
Bereits ein paar Monate später hatten wir den ersten gemeinsamen Auftritt auf dem Miyagi-Festival in der Astrastube. YACHTEN habe ich als noch ein bisschen rumpelig in Erinnerung, zugute halten muss man ihnen allerdings auch, dass ein Gitarrist ausfiel. Für einen ersten Gig immerhin sehr flexibel.
Seitdem sind gut zwei Jahre ins Land gestrichen, mittlerweile haben sich die vier Herren in jeder Menge Auftritten warmgespielt, unter anderem auch auf einer Mini-Tour mit besagten CAPTAIN PLANET. Und schwuppdiwupp liegt schon ihr erster Longplayer in meinem Briefkasten. Schweres Vinyl im edlen Gatefold, und auch das Artwork im Nineties-Emo-Stil kann man als wirklich gelungen bezeichnen. Produziert im Rekorder-Studio in St. Pauli bei Hauke Albrecht, besser bekannt als Live-Mischer von TURBOSTAAT – da schließt sich also der Kreis. Und wurde die musikalische Prognose von damals eingehalten? Jein, würde ich sagen. Ja, denn auch hier findet man deutschsprachigen Punkrock mit einem guten Gespür für eingängige Melodien und Textzeilen, die hängenbleiben. Fragmente wie "Ich bin der schlechteste Tänzer in der Stadt", "Weder Himmel noch Hannover" "Was Du für selbstverständlich hältst, haben andere aufgebaut" geistern noch durch meinen Kopf, während die Texte vom Abschied und Weiterkommen handelt, aber nur selten allzu konkret werden.
Auf der anderen Seite nein, weil YACHTEN nicht einfach wie ein weiteres Plagiat der genannten Bands klingen. Songs wie "Pareidolie" fallen anfangs ein ganzes Stück härter aus, bis plötzlich eine hallige Shoegaze-Gitarre einsetzt. Mir gefällt es gut, dass YACHTEN ihr Hauptgenre immer wieder verlassen und Elemente aus Hardcore, Post-Punk und sogar ruhigen Post-Rock ("Vom laufen") mit einfließen lassen. Bei ihrem Hauslabel My Favourite Chords sind sie sicher gut aufgehoben, und ich wage die Prognose, dass bald schon größere Bühnen betreten werden. Tolle Platte!