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TERRORGRUPPE – Inzest im Familiengrab

Auch wenn jetzt vielleicht der eine oder andere von euch aufgrund dieser abgedroschenen Phrase genervt die Augen verdreht: Die TERRORGRUPPE ist schuld, dass ich so bin! Denn als ich Mitte der 90er Jahre endgültig in den Punkrock-Kosmos abtauchte, waren es vor allem die Berliner, die mit ihrem Album „Musik für Arschlöcher“ maßgeblich zu meiner musikalischen Sozialisation beitrugen und auch nach ihrer 2005 erfolgten Trennung immer einen Platz in meinem Herzen sicher hatten. Mit „Inzest im Familiengrab“ liegt nun der erste Tonträger nach der im vergangenen Jahr verkündeten Neugründung vor, und auch wenn Stücke wie „Na endlich“ und „Bulimie-Bettina“ nach wie vor durch ihre bissigen Texte hervorstechen, will sich das altbekannte TERRORGRUPPE-Feeling beim Hören der EP einfach nicht so recht einstellen. Denn den anfänglichen Rotz-Punk haben sie nun gegen einen Cocktail aus Garagen-Punk, Power-Pop und Mod-Sound getauscht, das Line-Up wird durch eine Orgel ergänzt, und selbst der Einsatz von County-Gitarren stellt im Fall von „Kotzende Teenager“ offensichtlich kein Tabu mehr dar. Das erinnert mich ein wenig an das seinerzeit überraschend handzahme „Keiner hilft euch“-Album, mit dem die Band einst versucht hat, sich neu zu sortieren, vielen ihrer alten Fans damit aber ziemlich vor den Kopf stieß. Oder auch an die BOTTROPS, die versucht haben, das Erbe der TERRORGRUPPE anzutreten, letztendlich aber trotz einiger sehr guter Alben weder von den Texten, noch der Musik her kompromisslos genug waren, um die übergroßen Fußstapfen komplett auszufüllen. Somit lässt mich diese EP im Endeffekt ein wenig ratlos zurück: Die vier Songs sind zwar keineswegs schlecht, erfüllen die hochgesteckten Erwartungen eines altgedienten TG-Fans aber nur bedingt. Beim nächsten Mal also bitte wieder eine Schippe drauflegen, Jungs!

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.