EL BOSSO & DIE PING PONGS – Hier und jetzt oder nie

So sehr ich mich vor einiger Zeit über das Comeback von EL BOSSO & DIE PING PONGS gefreut habe, so schwang beim Hören ihres 2012er Albums „Tag vor dem Abend“ doch eine gewisse Enttäuschung mit. Die offiziellen Erfinder des deutschsprachigen Ska versuchten sich dort an einem wahnwitzigen Crossover aus Dancehall, Soul, Reggae und Pop, während ihre Kernkompetenz, also der Ska, zusehends zur Nebensache avancierte. Zwar muss man ihnen für die handwerkliche Umsetzung dieses Werkes definitiv Respekt zollen, doch die meisten Lieder dieses Albums verfehlten (garantiert nicht nur) meinen Geschmack doch um den einen oder anderen Meter. Nun also der zweite Streich nach der Wiedervereinigung, und siehe da: Auf „Hier und jetzt oder nie“ haben sie den Experimenten weitestgehend abgeschworen und besinnen sich wieder zurück auf den altbewährten Third-Wave-Ska, den sie lediglich mit der einen oder anderen (Punk-)Rock-Gitarre aufpimpen. Zwar bleiben die ganz großen alten Hits wie „Immer nur Ska“ oder „Zu spät“ immer noch unerreicht, aber mit Songs wie dem Ska-Punk-Kracher „Arsch vorbei“, dem schwarzhumorigen „Reich aber glücklich“ und vor allem dem Titelstück sind EL BOSSO & DIE PING PONGS ihren eigenen Evergreens zumindest verdammt dicht auf den Fersen. Mit „Brutus“ ist darüber hinaus auch noch ein sehr gelungenes und extrem tanzbares Instrumental-Stück enthalten, und auch an der Tradition der eingedeutschten Cover-Versionen halten sie in Form der JIMMY „BO“ HORNE-Nummer „Gimme some“ („Gib mir was“) und BUZZCOCKS „Ever fallen in love“ („Es geht voran“) fest. Genau so muss deutschsprachiger Ska klingen – willkommen zurück auf meiner Playlist!

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.